Im
Jahr 2018 wurde das alte Wehr in Meisenheim am Glan im Zuge einer Renaturierung zurückgebaut. Hierzu wurden auf einer Länge von 140 m ca. 7000 t Gestein im Bachbett verteilt. Auf dieser Gesamtlänge
gibt es ein Gefälle von 3-4 Höhenmetern. Gesteinsquader wurde in mehreren Reihen, welche jeweils nicht über die gesamte Bachbreite reichen, angeordnet. Hierdurch entstehen, besonders bei Normal- und
Niedrigwasser kleine Gumpen und Schwälle. Bedingt durch die Umbaumaßnahmen entstand oberhalb des ehemaligen Wehres eine ruhige Flachwasserzone.
Weil das rechte Ufer des Glan an eben dieser Stelle direkt an einem sehr steilen Berghang liegt, an dessen Fuß nur ein schmaler Streifen Wald, aber kein Fußweg entlang verläuft, bietet sich für
die ansässige Tierwelt ein relativ ungestörter Lebensraum mit vielen unterschiedlichen Verhältnissen. So sind im oberen Teil, in der Flachwasserzone, Wasservögel zu sehen, die am Glan in
Meisenheim eher selten zu sehen sind. Es gibt dort Flussuferläufer, Zwergtaucher, Teichhühner und gelegentlich Silber- und Graureiher. Auch Gänsesäger wurden dort schon beobachtet. Mit viel Glück
sind dort auch Füchse, Rehe und Hermeline zu sehen.
Gebirgsstelzen und Bachstelzen fühlen sich an den neu entstanden kleinen Inseln wohl, wo sie sich oft wippend von der spektakulären Insektenjagd erholen. Was aber - neben dem Eisvogel, der vom
angeschwemmten Holz aus jagt - eine große Freude ist, das ist die Vielzahl an Wasseramseln. Unterhalb des renaturierten Wehres sind unter einer der Glanbrücken Nistkästen für diese Vögel
angebracht. Ich selbst konnte 2022 mindesten 3 Brutpaare mit jeweils 3-4 Jungvögeln beobachten. Im Sommer verbrachten wir viel Zeit am Wasser, und es war spannend zu beobachten, wie die
Elterntiere ihre Brut versorgten. Zuerst verfütterten sie nur die typischen kleinen Tierchen und Krebse. Irgendwann ist es mir zum ersten Mal gelungen zu beobachten wie eine erwachsene
Wasseramsel einen kleinen Fisch fing, wahrscheinlich eine Groppe. Ähnlich wie der Eisvogel schleuderte sie ihn daraufhin immer wieder gegen einen der Steine oder Äste im Bachlauf. Sie zerlegte
den Fisch so in kleine Stücke, die sie an die Jungvögel verfütterte.
Einige Zeit später konnte ich sogar beobachten, wie die Elternvögel den Jungen diese Technik des Fischfanges beibrachten bzw. sie weitergaben. Anders als bei der Suche nach kleinen Krebsen und
Wassertieren glitt die Wasseramsel dabei nicht mit ausgebreiteten Flügeln an flachen Stellen am Gewässergrund entlang, sondern saß auf einem Stein und streckte nur den Kopf ins Wasser. Sie
verschaffte sich, den Kopf drehend einen Überblick und wenn sie dann einen Fisch erspähte, sprang sie mit einem schwungvollen Kopfsprung ins Wasser. Die Fischjagd wirkt dabei deutlich dynamischer
und schneller als das Suchen nach Krebstierchen. Der Vogel taucht hektisch und schnell hin und her und wenn er den Fisch dann zu packen bekommt, fliegt er schnurstracks zu einem der nicht
überspülten Steine. Es folgt das oben beschriebene Schleudern des Fisches auf den Felsen. Jagt die Wasseramsel für sich selbst, frisst sie den ganzen Fisch, den sie Kopf voran
schluckt.
Spannend war es zu sehen, wie die Jungtiere versuchten, diese Technik zu übernehmen. So lernten sie zuerst, den Kopf unter die Wasseroberfläche zu stecken und die Eltern bei ihrer Jagd zu
beobachten. Es folgten zahllose vergebliche Versuche. Allerdings ließ sich im Herbst, erkennen, dass nun alle Wasseramseln am ehemaligen Meisenheimer Wehr Fische fangen. Es ist fast täglich
möglich, dies zu beobachten. Inzwischen kommen die Vögel sehr dicht an den Fußweg, an welchem im Bedarfsfall die Hochwasserschutzvorrichtungen angebracht werden.
Ich denke, dass die positiven Auswirkungen so einer Renaturierung erst längerfristig zum Tragen kommen. Natürlich konnte die Wasseramsel auch am alten, noch nicht renaturierten Wehr beobachtet
werden. Aber es scheint, als wären die aktuellen Bedingungen ideal. Auch ist es durchaus möglich, dass die entstandene Jagdmethodik an die veränderten Bedingungen geknüpft ist. Der Glan, wie er
jetzt durch Meisenheim fließt, erinnert viel eher an einen Flussabschnitt der Forellenregion als dies vorher der Fall war. Und eben diese Region ist ja das eigentliche Habitat der
Wasseramsel.
Text und Bilder: Laszlo Struss