Mein Paradiesgarten - ein Naturgarten in Gutenberg

 Ein Bericht von unserem Mitglied Anja Münch, die im Vorstand der Regionalgruppe Rhein-Nahe des Naturgarten e.V. aktiv ist:

 

Mein Garten ist anders - ganz anders! Was auf den ersten Blick wie ein wildes Durcheinander aussieht, hat System und ist wohl durchdacht. Von Anfang an habe ich mich entschieden, einen Garten für Mensch und Tier anzulegen. Im Zeitalter von Insektensterben, Glyphosat-Wahnsinn und dem damit verbunden Krieg gegen alles was grünt, summt und fliegt, erschien mir das die einzig logische Konsequenz.

 

Zu meinem Glück fand ich Unterstützung beim Naturgarten e.V. - hier bekam ich viele umfangreiche Informationen zum Thema. Ohne die hervorragende Bücher, Hinweise auf Bezugsquellen für die passenden Pflanzen, sowie die Beratung bis zur kompletten Planung eines Naturgartens wäre es mir vermutlich wie vielen Gartenanfängern ergangen: Ich hätte viel Geld für vermeintlich pflegeleichte und "bienenfreundliche" Pflanzen ausgegeben, die sich später als steril, empfindlich oder invasiv (wuchernd) entpuppen. Ein erhellendes Erlebnis hatte ich vor einigen Jahren, als ich in einem Gartencenter eine hübsche, blühende Staude für meine Terrasse kaufte. Die bunten Blüten zogen die Insekten magisch an, umso größer war mein Entsetzen als plötzlich etliche tot oder sterbend auf und unter dem vermeintlich "bienenfreundlichen" Gewächs lagen. Das bunte Pflänzchen war vollgepumpt mit Insektenschutzmitteln!

Seitdem schaue ich sehr genau, wo ich meine Pflanzen kaufe. Ich finde es erschreckend, wieviel Gift heute auf unseren Feldern und in den Gärten eingesetzt wird. Und auch die heute leider äußerst beliebten Schottergärten tragen zum Rückgang der Tiere in unseren Gärten bei.

Aber nun zu meinem Garten: Er ist nicht sehr groß, trotzdem haben sich mittlerweile viele seltene Pflanzen und Tiere angesiedelt. Es gibt eine große Anzahl einheimischer Stauden und Wildblumen sowie ca. 15 verschiedene naturnahe Rosen, die in jeder Saison traumhaft blühen und unzählige Insekten anlocken. Weil ich die Rosenblüten niemals abschneide, gibt es im Herbst eine Menge wunderschöner Hagebutten für die Vögel.

Ein befreundeter Winzer meinte kopfschüttelnd: "Ohne Spritzen wird das in unserer Weingegend nix." Rosen werden von den selben Krankheiten befallen wie Weinreben, daher werden sie gerne am Rand von Weinbergen gesetzt um Krankheiten anzuzeigen. Glücklicherweise hat er nicht Recht behalten. Meine Rosenstöcke wurden nie gespritzt, trotzdem haben sie sich aufgrund ihrer Robustheit prächtig entwickelt.

 

Nachdem ich unseren lehmigen Boden mit Sand etwas abgemagert hatte, säte ich verschiedene zertifizierte Wildblumen-Saatmischungen von einem auf Wildpflanzen spezialisierten Hersteller aus. In den mageren Schotterstreifen vor den Staketenzaun im Vorgarten setzte ich unzählige einheimische Stauden. Dabei ging es im "Versuch-und-Irrtum-Verfahren": einiges ist eingegangen, anderes wächst prächtig und sät sich immer wieder selbst aus.

Zweimal im Jahr mähe ich die Wildblumenwiese mit der Sense, so entwickelt sich die Blütenpracht optimal. Stauden bleiben über den Winter stehen. Sie versamen sich, bieten Futter für Vögel und Winterquartiere für Insekten.

Es gedeihen nur die Pflanzen, denen der jeweilige Standort und die Bedingungen zusagen. Manche verschwinden, um dann Jahre später an anderer Stelle wieder aufzutauchen. Diese Lektion musste ich früh lernen: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!

 

Am Anfang fand ich es nicht leicht, die Eigendynamik im Naturgarten zu akzeptieren. Mit den Jahren stellte sich jedoch eine gewisse Gelassenheit ein.

Mein Garten sieht jedes Jahr etwas anders aus. Wenn ich so hindurch schlendere, freue ich mich auch über neu zugewanderte Wildpflanzen. Was sich allzu breit macht, wird herausgenommen. Auf einige invasive Neophyten (nicht einheimische, wuchernde Pflanzen) mache ich gezielt Jagd, wie z.B. das Kanadische Berufkraut oder die Pfeilkresse.

Die Vögel in meinem Garten füttere ich ganzjährig. Meine Spatzen, deren Tschilpen mich an meine Kindheit erinnert, haben sich dadurch mittlerweile gut vermehrt. Auch diese "Allerweltsvögel" werden ja immer seltener. Ich bin stolz darauf, die ganze Straße "verspatzt" zu haben!

Im Winter hatte ich zu meiner großen Freude auch seltene Gäste an der Futterstelle: Schwarzkehlchen, Wacholderdrossel und Schwanzmeisen. Zum Trinken und Baden haben meine Vögel ein eigenes "Vogelspaßbad": eine 90-Liter Wanne mit einer kleinen Pumpe, versteckt in einem Feldsteinhaufen. Eine kleine Wasserfontäne sprudelt über einem gebohrten Feldstein. Hier war gerade im heißen Sommer viel los: Kohl- und Blaumeisen, Amseln, Zilpzalp, Gartenrotschwanz, Dorngrasmücke, Zaunkönig, Türkentauben und natürlich die Spatzen veranstalten unmittelbar vor unserem Sitzplatz auf der Terrasse wilde Badepartys. Es macht Riesenspaß, ihnen dabei zuzuschauen!

 

Steinhaufen und Totholz gehören natürlich auch in den Naturgarten, alles mit viel Muskelschmalz in der benachbarten Kulturlandschaft gesammelt. Die Winzer holen die Feldsteine aus ihrem Wingert, ich freue mich drüber... Spitzmäuse lieben Steinhaufen..

Auf der Kräuterspirale hatte ich letzten Herbst Besuch von einem Mauswiesel. Davon abgesehen zirpt, summt und brummt es in meinem Garten die meiste Zeit, während in den mit Thuja- und Zierrasen bestückten Nachbargärten Grabesruhe herrscht...!

Wenn ich morgens aufwache, höre ich oft das sonore Brummen der Erdhummeln, die sich schon im zweiten Jahr in einem alten Mäusenest unter unserem Schlafzimmerfenster einquartiert haben.

Ich hechte gelegentlich hektisch nach meiner Kamera, wenn im Garten mal wieder eine bedrohte und seltene Tierart auftaucht, wie z.B. die Senf-Blauschiller-Sandbiene, die Knautien-Sandbiene oder die Blaufügelige Ödlandschrecke.

 

Auf einem Hochbeet und in Töpfen wachsen natürlich auch einige Pflanzen nur für uns: Tomaten, Salat, Radieschen, Karotten, Zucchini, Petersilie usw.

 

Zum Schluss möchte ich sagen: Ich würde es jederzeit wieder so machen. Für einen Menschen wie mich, der alles liebt, was summt und brummt, kreucht und fleucht, ist der Naturgarten ein Paradies. Es gibt regelmäßig neue und seltene Pflanzen und Tiere zu entdecken, über die ich mich riesig freue.

Ich möchte gerne auch andere Menschen für "Mehr Natur im Garten" begeistern. Dafür habe ich mit meiner Schwester Ulla Pauli die Regionalgruppe Rhein-Nahe des Naturgarten e.V. gegründet. Wir freuen uns immer über neue Interessenten, geben Tipps und vermitteln gerne Ansprechpartner und Bezugsquellen zur Anlage naturnaher Gärten.

Mittlerweile wurde mein Garten mehrfach ausgezeichnet:

Ich erhielt eine Goldprämierung von "Tausend Gärten, Tausend Arten" als vorbildlicher Naturgarten und belegte den 3. Platz in der Kategorie bestehende Naturgärten bei "Deutschland summt", bundesweiter Pflanzwettbewerb "Wir tun was für die Bienen".

Ich bin auch Wildkräuterbotschafterin NABU.

 

Am 30. Juni ist von 10-18 Uhr der "Tag der offenen Gartentür".

Über diesen Link kommt ihr zur Seite des „Naturgarten e.V.“:

https://naturgarten.org/wilde-gaerten

Dort findet man in der nach Postleitzahl sortierten Liste neben vielen weiteren Beispielen auch nähere Informationen zu diesem wunderschönen Garten!

 

Text und Bilder: Anja Münch